Jugendliche haben recht wenig Zeit. Sie verbringen viele Stunden in der Schule. Dazu kommen eine Vielzahl von Freizeitangeboten, die Sozialen Medien und Computerspiele locken. Eine Herausforderung für die Vereinsarbeit, sagt der Hauptjugendwart der Schwäbischen Albvereinsjugend, Mats Thiele, im Interview.

Mats, Du bist seit Oktober 2023 Hauptjugendwart im Verein. Wie läuft es?
Ehrlicherweise muss ich sagen, dass es anders ist, als ich erwartet habe. Ich habe mir Anfangs viele Gedanken darüber gemacht, ob ich die Leitung innerhalb der Albvereinsjugend vollständig ausfüllen kann. Das funktioniert gut. Was aufwendiger ist als gedacht, ist die Zusammenarbeit mit Partnerverbänden, wie mit dem Gesamtverein und der Deutschen Wanderjugend. Es dauert, bis man sich dort eingefunden und etabliert hat. Aber es ist sehr spannend sich zu vernetzen und macht richtig Spaß.
Was sind Deine Aufgaben genau als Hauptjugendwart?
Ich leite die Schwäbische Albvereinsjugend in allen Belangen und arbeite dafür sehr eng mit der Jugendgeschäftsstelle zusammen. Wir haben zum Beispiel aktuell unsere Jugendordnung überarbeitet. Wir hatten ein Vernetzungstreffen mit den Orts- und Jugendgruppen. Da war ich überall eng eingebunden. Außerdem verwalte ich die Finanzen, mache die Haushaltsplanung. Ich stehe in engem Kontakt mit anderen Jugendverbänden wie der Jugend im Schwarzwaldverein, der Deutschen Wanderjugend und dem Jugendherbergswerk in Baden-Württemberg. Der Hauptjugendwart ist außerdem Teil des Vorstands des Schwäbischen Albvereins. Ich bin also auch hier bei allen Sitzungen dabei, vertrete dort die Belange der Jugend und denke natürlich auch bei allen anderen Themen mit. Zum Beispiel gehöre ich auch zum Arbeitskreis Konsolidierung, der darüber berät, wie wir die Finanzen des Gesamtvereins zukunftsfähig gestalten können.
Das hört sich alles sehr aufwendig an. Wie viele Stunden verbringst Du denn damit pro Woche?
Das kann man nicht so genau beziffern. Mindestens zehn Stunden pro Woche sind es aber schon. Viel Zeit geht für Absprachen drauf und dafür, mit anderen Ehrenamtlichen Ideen zu entwickeln. Das ist die Zeit wert und klappt gut, obwohl ich Vollzeit arbeite. Aber das klappt alles gut, obwohl ich Vollzeit arbeite. Hilfreich ist, dass ich flexible Arbeitszeiten haben.

Zusammenhalt, Werte, Kultur – das muss bleiben!
Eine erste Einschätzung: Was kann so bleiben, wo muss sich was ändern?
Was auf jeden Fall bleiben kann, sind der Zusammenhalt, die Werte und die Kultur, die im Verein gelebt werden. Dazu kommen die Verbundenheit mit der Heimat und der Natur sowie der Naturschutz. Ich finde auch sehr wichtig, dass wir neue Menschen im Verein willkommen heißen. Allerdings dürfen wir uns nicht auf Erfolgen ausruhen. Gerade bei der Nachbesetzung von Ehrenämtern merken wir mittlerweile, wie schwierig das geworden ist. Das zieht sich durch alle Ebenen – vom Gesamtvorstand, über die Ortsgruppen bis zu den Teamern bei Freizeiten. Da müssen wir früher ein Auge darauf haben, jungen Leuten etwas zuzutrauen und Weiterentwicklung zulassen.
Die Jugendarbeit hat sich in den vergangenen Jahren sehr geändert, vor allem durch die Ganztagsschulen und durch eine andere Art der Freizeitgestaltung. Wie geht die Schwäbische Albvereinsjugend damit um?
Wir entwickeln unsere Angebote stetig weiter, auch im Hinblick darauf, was Jugendliche heutzutage interessiert. Eine Herausforderung dabei ist, dass die gesetzlichen Regelungen anspruchsvoller werden, gerade was Fördermöglichkeiten angeht. Wir müssen bestimmte Anforderungen erfüllen, um förderfähig zu bleiben. Was die Ganztagsschulen angeht, so kommt ab 2026 der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Schulen. Das wird die Wochenangebote von Vereinen sehr stark beeinflussen und verändern. Das müssen wir als Albvereinsjugend im Blick haben und uns gut positionieren.

Kinder und Jugendliche längerfristig binden – eine Herausforderung
Die Säulen der Albvereinsjugend sind neben den Freizeiten die Jugendarbeit in den Ortsgruppen Wie läuft es da so?
Früher waren die Freizeiten Selbstläufer. Das ist leider nicht mehr so. Die Teilnehmendenzahlen sind rückläufig. Das ist eine große Herausforderung. Ebenso die Jugendarbeit in den Ortsgruppen. Wichtig ist, dass wir unsere Arbeit gut machen und Erlebnisse für junge Menschen schaffen. Wenn ein Kind oder Jugendlicher einmal bei einer Veranstaltung dabei war und es gefallen hat, dann kommt er oder sie auch wieder. Da bin ich das beste Beispiel dafür. Ich habe mein ganzes Jahr immer um die Freizeiten herumgeplant. Aber natürlich müssen wir unsere Konzepte immer wieder überarbeiten. Auf Ortsgruppenebene müssen wir zum Beispiel überlegen, wie wir mit den Schulen zusammenarbeiten können und den Übergang von Familiengruppen zur Jugendarbeit unterstützen können.
Viele Ortsgruppen machen Familienarbeit. Eine Möglichkeit wäre, daran anzuknüpfen.
Auf jeden Fall. Denn auch wenn eine Familiengruppe gut läuft, es wird immer einen Zeitpunkt geben, an dem die Kinder dem entwachsen. Und da muss die Schwäbische Albvereinsjugend da sein, gute Angebote machen – die Freizeiten natürlich, aber auch schauen, dass sich vor Ort etwa eine Jugendgruppe daraus entwickelt.
Gibt es dafür Konzepte?
Auf jeden Fall können die Ortsgruppen auf die Beratung und Unterstützung der Jugendgeschäftsstelle zählen. Es gibt zudem eine große Initiative der Deutschen Wanderjugend, die sich Gedanken macht, wie man den Übergang von Familien- in Jugendgruppen unterstützen kann. Außerdem haben wir in diesem Jahr eine Fortbildungsreihe gestartet mit dem Titel „Inside OG“, was so viel heißt, wie „Mitten in der Ortsgruppe“. Es geht dabei darum, einen leichten Einstieg in die Jugendarbeit zu bekommen. Also Grundlagen zu schaffen für Interessierte in den Ortsgruppen, die gerne ein Jugendprogramm anbieten möchten. Letztlich läuft es aber immer darauf hinaus, dass es vor Ort eine Person oder eine Gruppe geben muss, die sich vorstellen kann, eine Jugendgruppe zu leiten. Die Engagierten unterstützen wir natürlich gerne zum Beispiel mit der Jugendleiterausbildung (Juleica).
Wandern ist nicht per se sexy für Jugendliche. Man muss sich also schon mehr einfallen lassen, um sie zu ködern.
Das stimmt. Aber die Albvereinsjugend und der Gesamtverein entwickeln sich auch weiter, hin zu neuen Wanderformen wie mehrtägige Treckingtouren und anderen Möglichkeiten, die Schwäbische Alb und andere Vereinsregionen erlebbar zu machen. Aber was am Ende wirklich ausschlaggebend ist, ist die Gemeinschaft in einer netten Gruppe von Menschen. Gemeinsam unterwegs sein, aus dem Alltag ausbrechen, das bleibt aktuell – auch bei den Jugendlichen.

Die Jugend ist die Zukunft des Gesamtvereins – Generationenwechsel gestalten
Der Schwäbische Albverein ist mit seinen 136 Jahren ein alter Verein, aber er ist auch ein alternder Verein. Wir haben eine Lücke zwischen der Jugend und den älteren Jahrgängen. Wo hat die Jugend im Verein ihren Platz und wie kann sie dazu beitragen, den Verein zukunftsfähig zu gestalten?
Die Jugendlichen und die jungen Familien sind die Zukunft des Vereins. Wichtig ist, dass wir eine gute Arbeit machen, uns einbringen und perspektivisch Verantwortung im Gesamtverein übernehmen. Aber man muss auch ganz klar sagen, dass die Lücke groß geworden ist. Es reicht nicht, dass wir fünf Jahre gute Arbeit machen und dann haben wir alle Funktionen besetzt und alle Gruppen voll. Es ist ein längerer Prozess, für den wir einen langen Atem brauchen. Ich denke auch, dass, die sich derzeit in einem Vereinsamt engagieren die Aufgabe haben, ihre nächste Generation an die Vereinsarbeit heranzuführen. Und da kann jeder sich mit dem Gedanken auseinandersetzen, wie eine zukunftsfähige Übergabe der Verantwortung aussehen kann. Es ist immer eine gute Möglichkeit bereits frühzeitig jemanden an die Hand zu nehmen und schrittweise Verantwortung zu übergeben. Im Moment ist die Alterslücke zwischen denen, die jetzt in Verantwortung sind, und uns Jugendlichen und jungen Erwachsenen groß und sie sollte nicht noch größer werden. Eine kleine schrittweise Übergabe der Verantwortung trägt auch dazu bei, dass die Rollen in unseren Strukturen wieder auf mehr Schultern zu verteilt werden können.
Wie regelt ihr das in der Albvereinsjugend mit der Nachfolge in Ehrenämtern?
Ich nehme nochmal mich als Beispiel. Meine Vorgängerin Lorena Hägele war noch nicht in dem Alter, als dass sie als Hauptjugendwartin ihr Amt hätte abgeben müssen. Aber dennoch hat sie sich früh umgeschaut und überlegt, wer könnte einmal Nachfolger oder Nachfolgerin werden. Das machen wir auch so im Jugendbeirat. Wir schauen, wer kommt nach, wer kann Aufgaben übernehmen. Und das sollte auch im Gesamtverein verstärkt passieren. Der Vorteil ist ja, dass man seine Erfahrung dann auch aktiv weitergeben kann.
Also so eine Art eine Mentorenprogramm? So etwas gibt es bisher nicht. Ist das etwas, das Du in die Vereinsleitung einbringen möchtest?
Grundsätzlich gibt es da noch keine Überlegungen. Aber das wäre sicher etwas, das man mal diskutieren könnte. Generell denke ich, dass es wichtig für die Zukunft des Vereins ist, auf verschiedenen Ebenen jüngere Menschen Schritt für Schritt in die Verantwortung bringen.
Um noch einmal zur Albvereinsjugend zurückzukommen. Wenn Du Dir etwas wünschen könntest für deren Zukunft, was wäre das?
Ich würde gerne unsere Öffentlichkeitsarbeit weiter stärken. Wir sind ja schon gut dabei mit Messeauftritten, unserer Website, den Sozialen Medien und unserer Vereinszeitschrift STUFE. Aber das sollten wir weiter ausbauen, um noch mehr Jugendliche für unsere Freizeiten zu begeistern und auch mehr Ehrenamtliche zu finden. Wir müssen wieder mehr in der Öffentlichkeit präsent sein. Jugendliche solle uns kennenlernen können. Ich wünsche mir starke und ausgebuchte Freizeiten und weiter ein starkes Ehrenamtsteam dafür und für die Ortsgruppen. Und dann kommt der Rest auch.

Mehr über Mats Thiele
Seit Oktober 2023 ist Mats Thiele Hauptjugendwart der Schwäbischen Albvereinsjugend. Seine frühesten Erinnerungen an den Schwäbischen Albverein sind Wanderungen, zu denen ihn seine Oma mitgenommen hatte. Eine Osterfreizeit hat ihn dann mit dem Albvereinsjugend-Virus infiziert. „Ich habe bis zu meinem Studium das ganze Jahr um die Freizeiten der Albvereinsjugend geplant“, erzählt der 22-Jährige. Über das Fuchsfarmfestival kam er in die Jugendvertretungsversammlung. Später war er dann im Jugendbeirat der Albvereinsjugend tätig und schließlich Stellvertreter der langjährigen Hauptjugendwartin Lorena Hägele. Wenn er nicht für den Verein tätig ist, arbeitet der studierte Wirtschaftsinformatiker aus Bietigheim-Bissingen im Projektmanagement für die Landesbank Baden-Württemberg.