Immer wieder kommt es vor, dass unser Landschaftspflegetrupp Unverständnis erntet. Etwa wenn blühende Wiesen abgemäht, Hecken „rasiert“, Büsche und Bäume gefällt werden – und das auch noch in Naturschutzgebieten. Doch die Landschaftspflege des Schwäbischen Albvereins gilt dem Natur- und Artenschutz. Hier erklären wir Ihnen mehr.
Jörg Dessecker macht Tabula rasa. Das Visier seines Schutzhelms über die Augen gezogen, sägt sich der Leiter des Landschaftspflegetrupps des Schwäbischen Albvereins durch dichtes Weidengebüsch. Was wie ein willkürlicher Kahlschlag aussieht, ist Teil einer Landschaftspflegemaßnahme im Schopflocher Moor. „Die Weiden würden hier sonst alles zuwuchern“, erklärt Dessecker.
Sukzession zerstört typische Landschaften
Ein Traktor mit mannshohen Reifen zieht auf einem Weg am Rande des Moors einen großen Wagen heran. Mit einem kleinen Kran wird das Weidengebüsch aufgeladen. Die Weide ist eigentlich eine typische Gehölzart für die Gegend. Wird sie jedoch nicht in Schach gehalten, wuchert sie das Moor zu. Sukzession nennen das die Fachleute. Das gilt es zu verhindern, um die Streu- und Feuchtwiesen, die wertvoller Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten sind, und das charakteristische Landschaftsbild zu erhalten.
Landschaftspflege für den Artenschutz
Landschaftspflege ist ein wichtiger Bestandteil des Natur- und Artenschutzes. Auch in Naturschutzgebieten. Bei Landschaftspflegetagen kann es dort dann sehr geschäftig zugehen – wie im vergangenen Oktober im Schopflocher Moor, wo mehr als 80 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer mitarbeiteten, auch auf Flächen, die normalerweise nicht betreten werden sollen.
Kritische Anfragen zu Landschaftspflegemaßnahmen
„Vor allem wenn es um die Heckenpflege geht, bekommen wir immer wieder kritische Anfragen“, berichtet Naturschutzreferentin Meike Rau. Hier sind Eingriffe nämlich sehr deutlich sichtbar. „Auf Stock setzen“ nennen es Fachleute, wenn eine Hecke so stark zurückgeschnitten wird, dass im Grunde nicht mehr viel davon übrig ist. „Das ist notwendig, um die Hecke zu verjüngen und zu erhalten“, erklärt Rau. Damit die Heckenbewohner wie Insekten und Vögel trotzdem ihren Lebensraum behalten, gehe man beim Verjüngen in Abschnitten vor. Und auch eine schöne Blumenwiese wird nicht ohne Grund gemäht, erklärt Rau weiter. So werden etwa bestimmte Gräser und andere Pflanzen vor dem Aussamen entfernt, damit sie sich nicht weiter vermehren und seltene Arten verdrängen.
Wird die Landschaft sich selbst überlassen, entsteht ein neuer Wald
Generell gilt: Das Ziel aller Landschaftspflegemaßnahmen ist immer, die Kulturlandschaft zu erhalten und artenreiche Flächen zu pflegen. Denn „Natur pur“ gibt es in Deutschland so gut wie nirgends mehr. Wacholderheiden, auf die man auf der Schwäbischen Alb so stolz ist, sind im Laufe der Jahrhunderte durch intensive Schafbeweidung entstanden. Weideflächen mit ihrem Magerrasen auf der Albhochfläche oder im Heckengäu sind alte Kulturlandschaften, ebenso wie die Wiesentäler im Schwäbisch-Fränkischen Wald. Die reiche Kulturlandschaft, die wir heute sehen, ist letztlich ein Produkt menschlicher Wirtschaftsweise. Und sie ist Heimat für viele – auch seltene – Pflanzen und Tiere. Wird sie sich selbst überlassen, würde ein Wald entstehen.
Typische Kulturlandschaften als Lebensraum seltener Arten
Im 20. Jahrhundert sind viele dieser typischen Kulturlandschaften verloren gegangen. Artenreiche Magerwiesen sind nicht lukrativ in der Bewirtschaftung, da sie seltener gemäht werden dürfen als Wirtschaftswiesen. Auch die Schäferei ist als Hauptberuf kaum noch ein einträgliches Geschäft. Die Folge: Wacholderheiden verbuschen, Wiesentäler wachsen zu. Das Landschaftsbild verändert sich. Lebensräume gehen verloren, die viele Arten brauchen. Die Silberdistel zum Beispiel, viele Orchideenarten und andere Wiesenblumen, seltene Schmetterlinge, Wildbienen oder Eidechsen. Hier greift die Landschaftspflege ein.
Landschaftspflegetrupp kümmert sich um Albvereins-Naturschutzflächen
Der Schwäbische Albverein sträubt sich gegen diese Entwicklung. Seit vielen Jahrzehnten hat der anerkannte Naturschutzverband für den Natur- und Artenschutz wichtige Flächen erworben. Dazu gehören Wälder, Wacholderheiden, Magerwiesen, Hecken und Feldreine oder eben auch große Teile des Schopflocher Moors. Seit 1993 unterhält der Verein einen eigenen, hauptamtlichen Landschaftspflegetrupp mit Jörg Dessecker als Leiter. Das vierköpfige Team bestehend aus zwei Landschaftsgärtnern und zwei FÖJlern oder Bundesfreiwilligendienstleistende kümmert sich um die Albvereinsflächen, unterstützen die Ortsgruppen bei ihrem ehrenamtlichen Engagement im Naturschutz und gehen den Kommunen im Ländle zur Hand, wenn diese Unterstützung anfordern.
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