Warum Landschaftspflege so wichtig ist

Typische Kulturlandschaften, Biotope und Naturschutzgebiete brauchen Pflege. Der Schwäbische Albverein gehört zu den wichtigen „Machern“ in diesem Bereich – mit seinem Landschaftspflegetrupp und den vielen ehrenamtlichen Naturschützern in den Ortsgruppen. Naturschutzreferentin Katharina Heine erklärt im Interview, warum die Landschaftspflege so wichtig ist.

Warum braucht es Landschaftspflege eigentlich? Sollte man nicht einfach Natur Natur sein lassen?
Diese Frage hören wir häufiger. Allerdings sind große Teile unserer heimische Landschaft gar nicht „natürlich“. Sie ist in den vergangenen Jahrhunderten durch kleinbäuerliche Nutzung entstanden. Zum Beispiel durch die Schäferei. Wir sprechen hier deshalb von Kulturlandschaft. Und diese muss man pflegen, um die Landschaft offen zu halten. Es gibt aber durchaus Flächen, die nicht betreten werden dürfen. Dazu gehören etwa Bannwälder oder die Kernzonen im Biosphärengebiet.

Warum ist diese Pflege so wichtig?
Viele der Pflanzen- und Tierarten, die heute als besonders wertvoll, selten oder schützenswert gelten, gibt es nur wegen der schon genannten kleinbäuerlichen Bewirtschaftung. Diese ist allerdings in den vergangenen Jahrzehnten oft aufgegeben worden, weil sie nicht mehr wirtschaftlich war. Um beim Beispiel Schäferei zu bleiben – es gibt nur noch wenige Schäfer und damit auch weniger Schafe, die die traditionellen Wacholderheiden oder Magerrasenflächen auf der Schwäbischen Alb frei halten. Mit mechanischer Landschaftspflege, wie sie der Pflegetrupp des Schwäbischen Albvereins oder auch die Pflegetrupps der Naturschutzbehörden durchführen, versucht man, das aufzufangen. Ziel dabei ist, Lebensräume für seltene Pflanzen und Tiere, wie Orchideen, Silberdisteln oder verschiedenen Faltern und Heuschrecken, zu erhalten.

Meike Rau und Katharina Heine (r.), die Naturschutzreferentinnen des Schwäbischen Albvereins, beim Landschaftspflegetag im Schopflocher Moor. Foto: SAV

Was muss typischerweise getan werden bei Pflegeeinsätzen?
Es wird gemäht und abgeräumt. Viele Pflanzen auf Magerrasen, Heideflächen oder auch Nasswiesen kommen mit zu viel Stickstoff oder anderen Nährstoffen nicht zurecht. Etwa verschiedene Enziane oder Orchideenarten. Wir sorgen durch das Mähen und das Abräumen des Grases dafür, dass möglichst wenige Nährstoffe auf der Fläche bleiben bzw. sogar Nährstoffe entzogen werden. So schützen wir die artenreiche Flora. Wir lassen aber mindestens 10 Prozent Altgrasstreifen stehen. Dann können Pflanzen noch aussamen und Raupen finden ein Plätzchen zum Überwinnern.

Oft ist aber auch schweres Gerät im Einsatz und es werden sogar Bäume gefällt. Muss das denn sein?
Ja, denn wir müssen die Sukzession aufhalten, also das Verbuschen von Landschaft. Ohne Pflege würden aus etwa Wacholderheiden wieder Wälder werden. Deshalb entfernen wir Sträucher und Büsche wie Rosensträucher oder Schlehen und manchmal auch Bäume, die dort nicht hingehören.

Wie organisiert der Schwäbische Albverein seine Landschaftspflege?
Wir arbeiten Hand in Hand mit verschiedenen Akteuren zusammen – mit den Kommunen, Naturschutzbehörden, den Ortsgruppen, Schäfereien und landwirtschaftlichen Betrieben. Große Fläche, die noch befahrbar sind, „bewirtschaften“ Landwirte mit ihren Maschinen. Das ist zum Beispiel bei der Neuffener Heide der Fall. Manche Flächen vor allem auf der Schwäbischen Alb werden von Schafen oder Ziegen beweidet. Kleine, schwer zugängliche oder besonders steile Flächen übernimmt meist der Landschaftspflegetrupp. Oft unterstützt er dabei Ortsgruppen des Albvereins und deren Ehrenamtliche.

Sie wollen sich engagieren im Naturschutz und mithelfen wertvolle Biotope und Naturschutzgebiete zu erhalten? Dann machen Sie mit bei einem unserer Landschaftspflegetage jetzt im Herbst. Hier gibt es alle Infos dazu.

Landschaftspflege ist Artenschutz

Immer wieder kommt es vor, dass unser Landschaftspflegetrupp Unverständnis erntet. Etwa wenn blühende Wiesen abgemäht, Hecken „rasiert“, Büsche und Bäume gefällt werden – und das auch noch in Naturschutzgebieten. Doch die Landschaftspflege des Schwäbischen Albvereins gilt dem Natur- und Artenschutz. Hier erklären wir Ihnen mehr.

Jörg Dessecker macht Tabula rasa. Das Visier seines Schutzhelms über die Augen gezogen, sägt sich der Leiter des Landschaftspflegetrupps des Schwäbischen Albvereins durch dichtes Weidengebüsch. Was wie ein willkürlicher Kahlschlag aussieht, ist Teil einer Landschaftspflegemaßnahme im Schopflocher Moor. „Die Weiden würden hier sonst alles zuwuchern“, erklärt Dessecker.

Sukzession zerstört typische Landschaften

Ein Traktor mit mannshohen Reifen zieht auf einem Weg am Rande des Moors einen großen Wagen heran. Mit einem kleinen Kran wird das Weidengebüsch aufgeladen. Die Weide ist eigentlich eine typische Gehölzart für die Gegend. Wird sie jedoch nicht in Schach gehalten, wuchert sie das Moor zu. Sukzession nennen das die Fachleute. Das gilt es zu verhindern, um die Streu- und Feuchtwiesen, die wertvoller Lebensraum für seltene Tier- und Pflanzenarten sind, und das charakteristische Landschaftsbild zu erhalten.

Landschaftspflege für den Artenschutz

Landschaftspflege ist ein wichtiger Bestandteil des Natur- und Artenschutzes. Auch in Naturschutzgebieten. Bei Landschaftspflegetagen kann es dort dann sehr geschäftig zugehen – wie im vergangenen Oktober im Schopflocher Moor, wo mehr als 80 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer mitarbeiteten, auch auf Flächen, die normalerweise nicht betreten werden sollen.

Kritische Anfragen zu Landschaftspflegemaßnahmen

„Vor allem wenn es um die Heckenpflege geht, bekommen wir immer wieder kritische Anfragen“, berichtet Naturschutzreferentin Meike Rau. Hier sind Eingriffe nämlich sehr deutlich sichtbar. „Auf Stock setzen“ nennen es Fachleute, wenn eine Hecke so stark zurückgeschnitten wird, dass im Grunde nicht mehr viel davon übrig ist. „Das ist notwendig, um die Hecke zu verjüngen und zu erhalten“, erklärt Rau. Damit die Heckenbewohner wie Insekten und Vögel trotzdem ihren Lebensraum behalten, gehe man beim Verjüngen in Abschnitten vor. Und auch eine schöne Blumenwiese wird nicht ohne Grund gemäht, erklärt Rau weiter. So werden etwa bestimmte Gräser und andere Pflanzen vor dem Aussamen entfernt, damit sie sich nicht weiter vermehren und seltene Arten verdrängen.

Wird die Landschaft sich selbst überlassen, entsteht ein neuer Wald

Generell gilt: Das Ziel aller Landschaftspflegemaßnahmen ist immer, die Kulturlandschaft zu erhalten und artenreiche Flächen zu pflegen. Denn „Natur pur“ gibt es in Deutschland so gut wie nirgends mehr. Wacholderheiden, auf die man auf der Schwäbischen Alb so stolz ist, sind im Laufe der Jahrhunderte durch intensive Schafbeweidung entstanden. Weideflächen mit ihrem Magerrasen auf der Albhochfläche oder im Heckengäu sind alte Kulturlandschaften, ebenso wie die Wiesentäler im Schwäbisch-Fränkischen Wald. Die reiche Kulturlandschaft, die wir heute sehen, ist letztlich ein Produkt menschlicher Wirtschaftsweise. Und sie ist Heimat für viele – auch seltene – Pflanzen und Tiere. Wird sie sich selbst überlassen, würde ein Wald entstehen.

 

Typische Kulturlandschaften als Lebensraum seltener Arten

Im 20. Jahrhundert sind viele dieser typischen Kulturlandschaften verloren gegangen. Artenreiche Magerwiesen sind nicht lukrativ in der Bewirtschaftung, da sie seltener gemäht werden dürfen als Wirtschaftswiesen. Auch die Schäferei ist als Hauptberuf kaum noch ein einträgliches Geschäft. Die Folge: Wacholderheiden verbuschen, Wiesentäler wachsen zu. Das Landschaftsbild verändert sich. Lebensräume gehen verloren, die viele Arten brauchen. Die Silberdistel zum Beispiel, viele Orchideenarten und andere Wiesenblumen, seltene Schmetterlinge, Wildbienen oder Eidechsen. Hier greift die Landschaftspflege ein.

Landschaftspflegetrupp kümmert sich um Albvereins-Naturschutzflächen

Der Schwäbische Albverein sträubt sich gegen diese Entwicklung. Seit vielen Jahrzehnten hat der anerkannte Naturschutzverband für den Natur- und Artenschutz wichtige Flächen erworben. Dazu gehören Wälder, Wacholderheiden, Magerwiesen, Hecken und Feldreine oder eben auch große Teile des Schopflocher Moors. Seit 1993 unterhält der Verein einen eigenen, hauptamtlichen Landschaftspflegetrupp mit Jörg Dessecker als Leiter. Das vierköpfige Team bestehend aus zwei Landschaftsgärtnern und zwei FÖJlern oder Bundesfreiwilligendienstleistende kümmert sich um die Albvereinsflächen, unterstützen die Ortsgruppen bei ihrem ehrenamtlichen Engagement im Naturschutz und gehen den Kommunen im Ländle zur Hand, wenn diese Unterstützung anfordern.

Weitere Informationen über unsere Landschafts- und Biotoppflege

 

 

Naturschutz vor der Haustüre

Zum Tag des Artenschutzes am 3. März ruft der Schwäbische Albverein dazu auf, mit dem Artenschutz vor der eigenen Haustüre anzufangen. „Jeder und jede einzelne kann etwas gegen die Verarmung der Natur und für mehr Artenvielfalt tun“, betont Katharina Heine, Naturschutzreferentin des Schwäbischen Albvereins, „sei es im eigenen Garten, auf der Streuobstwiese oder auf Terrasse und Balkon.“

Mit seiner neuen Broschüre „Naturschutz vor der Haustüre“ gibt der Schwäbische Albverein Tipps, wie im eigenen Garten statt Zierrasen und Schotterflächen artenreiche Lebensräume entstehen können. In dem Heft finden sich Bauanleitungen etwa für Nistkästen oder Behausungen für Wildbienen und Hummeln, Tipps zum Anlegen von naturnahen Gärten, Trockenmauern und Hecken oder zur Pflege von Streuobstwiesen. Dazu gibt es QR-Codes mit Links zu weiterführenden Informationen.

Die Broschüre „Naturschutz vor der Haustüre“ ist kostenlos. Sie ist gedruckt und als Download erhältlich unter https://natur-umwelt.albverein.net/publikationen/naturschutz-vor-der-haustuere/

Mit Nisthilfen und Tränken für Vögel, Insektenhotels, der Anlage eines Gartenteichs und einer naturnahen Gartengestaltung mit Blumenwiesen, wilden Ecken, heimischen Gehölzen und dem Verzicht auf künstlichen Dünger und Gift im Garten lässt sich auch auf kleinen Flächen Lebensraum für eine Vielzahl an Pflanzen und Tieren schaffen. Ein Plus für den Menschen: So entstehen auch lauschige Plätzchen für die eigene Erholung.

Der Schwäbische Albverein setzt sich als anerkannter Naturschutzverband für den Erhalt der heimischen Artenvielfalt ein. Er besitzt gut 163 Hektar Naturschutzflächen wie Wacholderheiden, artenreiche Blumenwiesen und wertvolle Feuchtgebiete. Als einziger Naturschutzverband in Baden-Württemberg unterhält der Verein einen hauptamtlichen Landschaftspflegetrupp. Dieser pflegt – unterstützt von hunderten Ehrenamtlichen – vereinseigene und kommunale Naturschutzflächen.